Die zahnärztliche Funktionsdiagnostik und Funktionstherapie ist ein umfassender Ansatz und befasst sich mit der Diagnostik und Behandlung von Funktionsstörungen des Kausystems.
FunktionsdiagnostikDas Kausystem besteht im Wesentlichen aus den Zähnen, der Kaumuskulatur sowie dem Kiefergelenk mit seiner Kapsel und deren cerebraler (Hirn-) Steuerung. Im Idealfall funktioniert das System harmonisch und schmerzfrei. Kommt es jedoch zu Fehlfunktionen innerhalb des Systems, spricht man bei dieser Erkrankungsform von einer CMD (Cranium/Schädel, Mandibula/Unterkiefer, Dysfunktion/Fehlfunktion). Der Begriff umschreibt die Störung bei der Zusammenarbeit von Zähnen, der Kaumuskulatur und des Gelenkes sowie deren angrenzenden Strukturen.
Ein Problem bei der Diagnosefindung „CMD“ ist das Auftreten verschiedenster Symptome:
– Kalt-Warm-Empfindlichkeiten von Zähnen
– Eventuell mit freiliegenden Zahnhälsen
– Isolierte Zahnlockerungen von Zähnen
– Isolierter Rückgang von Zahnfleisch
– Überdurchschnittliche Abnutzung von Zähnen
– Verstärkte Faltenbildung im Untergesicht
– Die Zähne passen schlecht zusammen
– Knack- oder Reibegeräusche im Gelenk
– Schmerzen beim Kauen, Schlucken oder Gähnen
– Schmerzen im Kiefer- / Gesichtsbereich
– Muskeldruckschmerz an der Schläfe oder Wange
– Frühmorgendliche Kieferklemme und/oder Kopfschmerz
aber auch Symptome, die man mit Zähnen nicht unmittelbar in Verbindung bringen würde
und die von fachärztlicher Seite nicht zugeordnet werden können:
– Häufiger Kopfschmerz oder Migräne unter Stress
– Ohrdruck, Tinnitus oder Hörsturz
– Kribbeln im Arm
– Eingeschränkte Kopfdrehung
– Reizmagen oder Verdauungsprobleme
– Rhythmusstörung des Herzens / Bluthochdruck
– Schluckprobleme, häufiges Verschlucken
– Schmerzen im Schulter- oder Beckengürtel
– Immer wiederkehrende Blockaden der Wirbelsäule
– Knieprobleme u. v. m.
Diese Symptomvielfalt erschwert die richtige Diagnosefindung – und damit die richtige Therapie. Und das ist häufig die Ursache, dass viele Patienten eine wahre „Ärzte-Odyssee“ hinter sich haben!
Da trotz stetig steigendem Behandlungsbedarf weder im Medizin- noch im Zahnmedizinstudium die Diagnostik oder Therapie von Funktionsstörungen verstärkt gelehrt wird – geschweige denn als autonomes und interdisziplinäres Unterrichtsfach in den Lehrplan aufgenommen wird – wird es auch weiterhin nur wenigen interdiszilinär-qualifizierten Fachkollegen vorbehalten bleiben, das Gesamtkrankenbild frühzeitig zu erkennen und zu therapieren.
Diagnostik – Untersuchung des Krankheitsbildes
Eine sorgfältige Erhebung der Krankengeschichte ist wegen der Vielfältigkeit der Symptome Grundvoraussetzung für eine eindeutige Diagnose. Gemeinsam ermitteln wir Ursachen und Zusammenhänge in einem intensiven Gespräch.
Neben dem ärztlichen Gespräch (Anamnese) sind die klinische und die instrumentelle Funktionsanalyse (Diagnostik) die wichtigsten Bausteine für einen therapierelevanten Befund. Bei der klinischen Funktionsanalyse wird durch körperliche Untersuchung abgeklärt, ob ein schmerzhafter Zustand in kausalem Zusammenhang zum Kausystem steht oder anderen Ursachen zuzuordnen ist.
Gelenkgeräusche müssen auf ihre Ursache hin untersucht werden. Durch spezifische Belastungstests kann sehr gut ermittelt werden, welche Strukturen des Kausystems einer Fehlfunktion unterliegen.
Danach kann entschieden werden, ob eine instrumentelle Funktionsanalyse angeschlossen wird.
Hierbei werden von Ober- und Unterkiefer Abdrücke genommen. Eine spezielle Zuordnung der beiden Kiefer ohne beeinflussenden Zahnkontakt (Zentrikbissnahme) schließt sich an.
Danach erfolgt eine Gesichtsbogenübertragung, die sicherstellt, dass der Einfluss des Kiefergelenkes bei der Auswertung der Modelle nicht unberücksichtigt bleibt.
Damit kann ein Zahnarzt beispielsweise ursächliche Frühkontakte anhand der Modelle bereits ersehen. Alle ermittelten Befunde werden ausgewertet und ein Therapieplan kann erstellt werden.
Therapie
Das Ziel einer jeden Therapie wird als Erstes sein, einen schmerzhaften in einen nicht schmerzhaften Zustand umzuwandeln.
In der Regel verwenden wir zur Entlastung des Systems sogenannte Schienen. Mithilfe dieser Schiene lässt sich ein Bisshöhrnverlust – einer der häufigsten Ursachen – sehr gut ausgleichen. Schmerzhafte muskuläre Überlastungen werden durch eine sogenannte „neuromuskuläre Umprogrammierung“ meist sehr erfolgreich gelöst.
In der Mehrzahl der CMD-Erkrankungen hat sich eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit speziell geschulten Physiotherapeuten als erfolgreich erwiesen. Die manual-therapeutisch erreichte Muskeldehnung wird nach der Physiotherapie in die Schiene eingeschliffen.
Überhaupt ist die CMD von der richtigen Diagnosestellung bis hin zur erfolgreichen Therapie eine interdisziplinäre Gesamtaufgabe. Orthopäden, HNO-und Augenärzte, Psychologen aber auch speziell weitergebildete Physiotherapeuten und Zahntechniker gehören in ein solches Netzwerk.
Bei Beschwerdefreiheit wird man darüber nachdenken, wie man das Kausystem auch ohne Schiene stabilisieren kann. Dazu ist es eine Grundvoraussetzung, diesen Zustand zuerst auf provisorischen Zahnersatz und erst dann auf den definitiven Zahnersatz zu übertragen. Dies kann auch einmal 1-2 Jahre in Anspruch nehmen.
Warum ist eine Funktionsdiagnostik so aufwändig?
Funktionsstörungen im Allgemeinen – wie auch speziell die CMD – sind selbst mithilfe der modernen Apparatemedizin nicht auf die Schnelle diagnostizierbar!
Hier bedarf es einer (ganz-) körperlichen Untersuchung sowie eines strukturierten Interviews eines interdisziplinär geschulten Behandlers und seines geschulten Teams. Dies macht eine vollständige und umfassende Funktionsdiagnostik so zeitaufwändig.
Man veranschlagt für eine klinische Funktionsdiagnose ca. zwei Behandlungsstunden. Die Auswertung der instrumentellen Funktionsanalyse nimmt noch einmal 1-2 Stunden intensiver zahnärztlicher Tätigkeit in Anspruch.
Ohne diese funktionsanalytischen Maßnahmen können die Ursachen der CMD-Beschwerden nicht aufgedeckt werden. Ein Erfolg der Therapie würde dem Zufall überlassen. Fazit: Ohne eine aufwendige Funktionsanalyse ist ein Therapieerfolg fragwürdig und nützt dem CMD-Patienten nicht!
Warum entstehen Kosten für eine Funktionsdiagnostik?
Funktionsdiagnostische und funktionstherapeutische Maßnahmen gehören nach § 28 Abs.2 Satz 8 des BEMA-Z (Einheitlicher Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen) nicht zum Bewertungsmaßstab der Krankenkassen.
In den Kommentaren der Abrechnungsbestimmungen der gesetzlichen Krankenkassen finden sich jedoch zahlreiche Hinweise, dass Maßnahmen der Funktionsdiagnostik und -therapie als wichtig und sinnvoll erachtet werden zur Abgrenzung von cranio-mandibulären Dysfunktionen.
Die privaten Krankenversicherung übernehmen in der Regel bei Vorliegen einer medizinischen Indikation die Erstattung funktionsdiagnostischer und funktionstherapeutischer Maßnahmen.
Wir erstellen Ihnen vor der funktionsanalytischen Behandlung gern einen Heil- und Kostenplan.
Wenn Sie unsicher sind, ob eine CMD-Störung Ihre möglicherweise schon langjährigen Beschwerden verursacht, sprechen Sie uns bitte an. Wir klären mit Ihnen die Möglichkeiten.